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Die "zwei Leben" des Sniers Hus aus Regesbostel

Das erste Leben des Sniers Hus
Das „erste Leben“ des Sniers Hus begann in den Jahren 1695/ 96. Dieses Datum konnte durch Auswertung der Jahresringe der Fachwerkbalken ermittelt werden. Es war früher üblich, die Eichen für ein neues Gebäude im Winter zu fällen, hier also 1695. Im nächsten Jahr wurde das Haus errichtet. Es entstand auf einem Halbhof im Regesbosteler Ortskern. Mit rund 21 m Länge und 12 m Breite ist es kleiner als die  Bauernhäuser der Vollhöfe. Der Hofname Sniers weist darauf hin, dass sein Erbauer neben dem Ackerbau und der Viehzucht auch das Schneiderhandwerk ausübte

Die Größe der zugehörigen Ländereien betrug nach der Verkoppelung im Jahr 1855  126 Morgen. Auf der Verkoppelungskarte ist wie bei allen Regesbosteler Höfen rechts neben der Grot Dör ein Stallvorbau abgebildet (vgl. Foto). Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Wohnteil mit Flett und Kammerfach modernisiert. Sprossenfenster und ausgemauerte Gefache deuten die Übernahme städtischer Bauweise und einen standesgemäßen Wohlstand an.

Im 20. Jh. ergaben sich zunehmend wirtschaftliche Probleme. 1922/23 wurden infolge von Erbregelungen 30 Morgen Land verkauft. Das Strohdach konnte seit den 30er Jahren nicht mehr fachgerecht repariert werden. Der Wirtschaftsgiebel mit der Grot Dör war marode. Das defekte Fachwerk wurde ca. 1938/39 durch eine massive Ziegelwand ersetzt. Im Jahre 1958 kam Otto Bosenius, ein in der Nähe von Warschau geborener ehemaliger Wehrmachtsangehöriger, auf den Hof. Er  bewirtschaftete ihn noch 30 Jahre lang, häufig im Dunkeln („Otto bei Nacht“).  Seinem Hauptberuf als Schlosser ging er in Buxtehude nach. Geld für Investitionen in neue Maschinen war nicht vorhanden, eine Kühlanlage für die Frischmilch ebenfalls zu teuer. Die Kühe, zunächst  6, später noch 2, wurden abgeschafft. 1982 erklärte der Landkreis das Haus für unbewohnbar. Otto Bosenius zog in den benachbarten Hühnerstall um. Das Ende des Sniers Hus schien besiegelt.

Das zweite Leben des Sniers Hus
Vor Beginn des „zweiten Lebens“ fiel eine wichtige Entscheidung: der Buchholzer Stadtrat entschied sich mit 20 : 10 Stimmen für den Ankauf der „Regesbosteler Balken“.
Es folgten der fachgerechte Abbau, die Einlagerung der Bauhölzer und Mauersteine sowie 1985/86 der Wiederaufbau des Hauses am Rande des Seppenser Dorfparks. Die Arbeiten führte der Fachwerkrestaurator Bodo Vogel aus. Anlässlich der Einweihung am 8.9.1986 war in den HAN von der „zweiten Geburt“ des Sniers Hus die Rede.

Die Umsetzung des Sniers Hus bedeutete für Regesbostel ein Stück Identitätsverlust, für Buchholz das Verdienst, ein bedeutendes Baudenkmal vor dem Totalverlust gerettet zu haben.

Das Sniers Hus als Baudenkmal und das Konzept seiner musealen Nutzung
In der einschlägigen Literatur zur Hausforschung ist das Sniers Hus wegen seiner Urtümlichkeit mehrfach erwähnt worden. Es zählte aber nie zu den denkmalgeschützten Gebäuden. Das niedersächsische Landesinstitut für Denkmalpflege stufte es 1983 nur als „wichtiges Baudenkmal“ ein.
Beim Wiederaufbau des Sniers Hus unter der Federführung des Hausforschers Ulrich Klages wurde das Konzept einer musealen Nutzung verfolgt. Deshalb sollte das 300 Jahre alte Bauernhaus nicht einfach rekonstruiert werden. Vielmehr ging es darum, eine Vorstellung vom Hausbau im 17. Jh. zu vermitteln, ebenso aber auch von den Veränderungen im ländlichen Wohnen und Arbeiten bis zum Ende der Heidebauernzeit Mitte des 19. Jahrhunderts. Der ursprüngliche Zustand des Hauses wird durch die Größe und den Grundriss, die Verzimmerung des Gebälks und als Besonderheit die beiden frei im Flett stehenden Luchtsäulen dokumentiert. Luchtsäulen waren in den Bauernhäusern des 17. Jhs im Altkreis Harburg allgemein verbreitet, sind heute aber nur noch im Sniers Hus zu sehen.

Da es im Sniers Hus keine alte museumstaugliche Inneneinrichtung mehr gab, wurden die fehlenden Stücke aus anderen Abbruchhäusern zusammengetragen. Dies gilt für den Wandherd sowie die Tür zur Bauernstube und vor dem Butzenbett aus Undeloh, die Bodentreppe aus Hollenstedt, den Pferdestall aus Nartauen, und nicht zu vergessen, den Wirtschaftsgiebel mit dem Balken über der Grot Dör. Er stammt vom Cohrs Hoff in Dibbersen und datiert ins Jahr 1654. Die Motive auf dem Plattenofen und der Ofenfuß aus Sandstein sind nicht typisch für die Heidehöfe. Der Sandsteinsockel stammt aus dem Gebiet der Oberweser und ist ein Geschenk von Ulrich Klages.

Wo keine Original-Einrichtungsgegenstände zu erhalten waren, wurden sie nach historischen Vorlagen neu angefertigt. Zu nennen sind der Bodenherd mit dem Feuerrähm, welchen Morgensterne zieren, und die Tür vor dem Wandherd.

Im Ergebnis handelt es sich bei den verschiedenen Maßnahmen des Wiederaufbaus um einen sinnvollen Kompromiss. Der Besucher erhält im Sniers Hus einen authentischen Einblick in das Leben, Wohnen und Wirtschaften der Heidebauern vom 17. ins 19. Jh.

Literatur: Günter Uschtrin:
"Das ehemalige Sniers Hus von Regesbostel", Harburger Kreiskalender 2006, S. 137ff und 2007 S. 55 ff.

Geschichts- und Museumsverein Buchholz und Umgebung e.V.
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